Viel erreicht, noch viel zu tun

von Jürgen Damm

Barrierefreiheit mit Beharrlichkeit umgesetzt

Bad Arolsen: Die weitgehend barrierefreie Innenstadt ist eines der Alleinstellungsmerkmale Bad Arolsens. Das ist der Aktion „Barrierefreies Leben in Bad Arolsen“ (BLiBA) zu verdanken, die vor dem Hessentag 2003 auf Anregung des damaligen Bürgermeister Gerhard Schaller aus der Taufe gehoben wurde.

Treibende Kraft hinter BLiBA ist seitdem Oberst a.D. Jürgen Damm, der sich mit seinen Mitstreitern darum bemüht, dass bei allen öffentlichen Bauvorhabend möglichst alle unnötigen Barrieren für Rollstuhlfahrer, Kinderwagen und Rollatoren beseitigt werden.

In der Barockstadt mit ihren vielen Treppeneingängen vor den Häusern der Schlossund Bahnhofstraßen ist dieses Vorhaben nicht immer umzusetzen. Doch mit Kreativität und Beharrlichkeit wurden schon viele Rampen gebaut und Bordsteine abgesenkt.

20+3 Jahre Barrierefreies Leben in Bad Arolsen

Bad Arolsen – Wer mit offenen Augen durch die Innenstadt von Bad Arolsen geht, wird feststellen, dass es viele abgesenkte Bordsteine und kleine Rampen gibt, die Rollstuhlfahrern, Senioren mit Rollatoren und Eltern mit Kinderwagen das Leben erleichtern. Das ist das Ergebnis von über 20 Jahren „Barrierefreies Leben in Bad Arolsen“. Auf 20+3 Erfolgsjahre blickten die Macher des Projektes am Donnerstag zufrieden bei einer Feierstunde im Bürgerhaus.

Den Anstoß gab 1998 Bürgermeister Gerhard Schaller, der damals Oberst a.D. Jürgen Damm in dessen Funktion als Sprecher der Aktion für behinderte Menschen um Hilfe bat bei der Erstellung eines Stadtführers für Rollstuhlfahrer. Dieser Stadtführer sollte bis zum Hessentag 2003 fertig sein.

Zusammen mit Schülern des Berufsbildungswerkes machte sich Damm an die Arbeit. Die Schüler sammelten Angebote im Stadtgebiet, die auch von Menschen mit Gehbehinderungen gut erreichbar waren. Dabei reichte der Bogen von Geschäften, Arztpraxen bis hin zu öffentlichen Einrichtungen und Toilettenanlagen.

Als einen Schlüsselmoment bezeichnete Oberst Damm den Versuch einer Schülergruppe in Rollstühlen, die Klingel am Rathaus zu betätigen. Die gut gemeinte Klingel war mit einem Fahrradständer zugestellt und damit für die Rollstuhlfahrer unerreichbar. Gemeinsam mit Bürgermeister Schaller habe er damals den Fahrradständer vor dem Rathaus nur ein wenig zur Seite gerückt. Dabei sei allen klar geworden, dass oft nicht viel nötig sei, auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft.

Vor allem aber müssten die Barrieren in den Köpfen beseitigt werden. Das sei in Bad Arolsen schon sehr gut gelungen. Hilfreich sei dabei die Aktion gewesen, Firmeninhaber für den Bau von Rampen oder für freundliche Hilfeleistungen für Menschen mit Behinderungen auszuzeichnen. Richtungsweisend sei auch der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung gewesen, bei allen Baumaßnahmen das Ziel der Barrierefreiheit im Auge zu behalten. Seitdem seien bei allen Straßensanierungen abgesenkte Bordsteine vorgesehen.

Der Anfang sei damals bei den viel zu hohen Bordsteinen rund um das Bathildisheim gemacht worden. Mit diesem Beschluss sei die Stadtverordnetenversammlung im Jahr 2000 der UNO-Behindertenrechtskonvention von 2009 zuvorgekommen.

Im barrierefreien Stadtführer, der online unter www.barrierefreies-nordwaldeck.de eingesehen werden könne, seien inzwischen 300 Geschäfte Gaststätten und Praxen aufgelistet, die sich auf den Besuch von Menschen mit Behinderungen eingestellt haben, so Damm.

Arolsen Vorreiter bei Barrierefreiheit

„Wir sind stolz auf das, was wir an Barrierefreiheit in Bad Arolsen erreicht haben“,

stellte Bürgermeister Marko Lambion bei der Feierstunde zu 20+3 Jahren Barrierefreies Leben in Bad Arolsen (BLiBA) fest. Aber ihm sei bewusst, dass trotz aller Erfolge noch viel zu tun bleibe. Die Tatsache, dass das BLiBA-Projekt so viele schöne Früchte trage, sei aber vor allem der Kreativität und dem Durchsetzungsvermögen von Oberst a.D. Jürgen Damm zu verdanken.

Hinter ihm stehe ein sehr fleißiges Team, beeilte sich Damm klarzustellen und verwies auf die städtischen Mitarbeiter Sabine Gottmann und Dominik Wohl, die bei der Umsetzung aller Projekte tatkräftig mitarbeiteten.

Schließlich verwies Damm auf den früheren Bundespräsidenten von Weizsäcker, der 1993 festgestellt habe: „Es ist normal, verschieden zu sein.“ Diese Erkenntnis werde in Bad Arolsen schon seit vielen Jahrzehnten im Alltag gelebt.

Dazu passend brachten Schüler der Karl-Preising- Schule unter Anleitung ihres Lehrers Julian Vollbracht zum Ausdruck, wie bunt und vielfältig das Leben in der Stadt doch sei: „Wir alle sind Bad Arolsen“, lautete die Botschaft des Schülervortrags.

Das bekräftigte auch Schulleiter Michael Börner, der die 23 Jahre barrierefreies Leben in Bad Arolsen als Referendar, Lehrer und jetzt Leiter der Karl-Preising-Schule miterlebt hatte. Das Projekt gebe den Schülern die Möglichkeit, an der Stadtgestaltung mitzuwirken. Das stärke das Selbstwertgefühl der Schüler mit all ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Einschränkungen.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Jan Wilhelm Pohlmann bekräftigte, dass Bad Arolsen eine Vorreiterrolle in Sachen Barrierefreiheit einnehme. Angefangen habe diese Entwicklung schon vor rund 100 Jahren mit der Gründung des Bathildisheims durch Fürstin Bathildis. Bei der vollständigen Umsetzung der Barrierefreiheit im städtischen Alltag sei ein langer Atem nötig.

Quelle: Arolser Zeitung vom 17.06.2023 - es

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